Beffchen - oder was dem Pfarrer zum Hals raushängt...
Ob zusammengenäht, gespalten oder halbgespalten – die Ausführung des Beffchens erzählt über die drei evangelischen Strömungen lutherisch, reformiert und uniert.
Historischer Hintergrund
Im 16. Jahrhundert war der Talar wissenschaftliche Robe, in der Geistlichkeit hingegen wurde noch die weiße Albe getragen. Das Beffchen war wiederum ursprünglich bürgerliches Accessoire des 17. Jahrhunderts (1). Was bei Richtern bereits seit 1726 Robe war, wurde 1811 durch Kabinettsdekret unter dem preußischen König Friedrich Wilhelm III. zur Amtstracht von Richtern und Beamten, zu denen auch lutherische Pastoren und jüdischen Rabbiner zählten. Der Talar mit Beffchen und Barrett, um nun seine Beamten auf Reisen gleich erkennen zu können und weil das knöchellange Gewand an den schwarzen Mantel der Reformatoren erinnert (2), sowie es „würdevoll-sachlich“ schien (3). Das Beffchen wiederum zeigt als weißer Kontrast die evangelische Ausrichtung an (4).
Machart nach den drei evangelischen Strömungen
Lutherisch
Das Beffchen nach lutherischer Machart ist mit den zwei getrennten Streifen Ausdruck von Gesetz und Evangelium, dem zentralen lutherischen Gedanken der Rechtfertigung (5). Durch das Doppelgebot der Liebe als Gesetz, sowie die Frohe Botschaft - dem Evangelium - erwächst die Rechtfertigung (6).
Reformiert
Hingegen sagt das reformierte Beffchen mit zusammengenähten Streifen: zentral ist der Glaube und dieser wird einzig durch die Bibel vermittelt. Diese Lehre verbindet Zwingli mit Luthers Rechtfertigungsgedanken (7).
Uniert
Durch das Zusammenkommen lutherisch-evangelischer, sowie reformierter Gemeinden stellt die unierte Gemeinde eine Mischform von lutherischer und reformierter Ausrichtung dar und so will die unierte Form mit halb zusammengenähten Streifen obige beide Strömungen vereinigen.
Form und Befestigung
Wie kommt das Beffchen an den Talar? Es gibt verschiedene Arten der Befestigung, wir haben unten vier gängige Arten abgebildet. Ob ein Steck-, Binde-, oder Riegelbeffchen gebraucht wird, hängt von der Form des Kragens ab (8).
Steckbeffchen
Bei Stehkragen bietet sich ein Steckbeffchen an. Es wird in den vorne ausgesparten Kragen einfach eingesteckt. Die Lasche ist standardmäßig 11 cm lang und 8-9 cm breit. Traditionell ist noch eine kleine Tasche eingearbeitet, in der ein 2 €-Stück eingeschoben werden kann, damit das Beffchen stabil in Position gehalten wird und das zur Not auch für die Kollekte dienen kann. Nach Wunsch wird ein Knopfloch eingenäht.
Riegelbeffchen und Badische Form
Das Riegelbeffchen wird an einem ca. 1,5 cm breiten Streifen, bei dem links und rechts jeweils ein Knopfloch eingearbeitet ist. Der Abstand der Knopflöcher variiert. So kann das Beffchen mit zwei Knöpfen am Talar befestigt werden.Bei der Badischen Form des Riegelbeffchens ist die Befestigung eine Mischung aus der Lasche des Steckbeffchens und des Streifens beim Riegelbeffchen: die Lasche ist in die Breite gezogen (wie eine Banane), und kann mit zwei Knöpfen am Talar befestigt werden.
Bindebeffchen mit Bändern oder Gummiband
Das Bindebeffchen wird bei Umlegekragen unter dem Kragen gebunden. Das Leinenband wird vor dem Umbinden umgeschlagen. Alternativ kann es mit einem Gummiband um den Kragen gebunden und mit Knopf nach variabler Breite verschlossen werden (ohne Abbildung).
Verarbeitung und Motiv-Varianten
Wilhelm Löhe formulierte am 14.2.1858 den Anspruch der evangelischen Paramentik in vier Gebeten, die1871 an die Wände des Paramentenzimmers geschrieben wurden:
"O Herr, der Du die Narde des Weibes annahmst und nicht für Unrat geachtet hast: lass allen Fleiß, womit wir Deine Kirchen und Altäre schmücken, auch sein ein Glas Narde auf Deines Sohnes Haupt gegossen. Durch denselben Deinen Sohn, unsern Herrn Jesum Christum, der mit Dir und dem heiligen Geiste ein wahrer Gott lebet und herrschet in Ewigkeit. Amen.."(9)
Leinenbeffchen
So bestehen Beffchen wie auch die übrige Altarwäsche aus naturbelassenem, cremeweißen Leinenstoff. Bereits in der Bibel ist das Leinentuch erwähnt, das die Frauen am Grab Christi zu Ostermontag einzig aufgefunden hatten. Ganz fein gestickt schmiegt sich ein weißes Kreuz in den weißen Stoff ein, während das Beffchen sich doch selbst deutlich vom Talar absetzt.
Gestickte Motive für Beffchen
Die Beffchen werden auf Wunsch mit maschinengesticktem Kreuz, Diakon-Kreuz oder Kronenkreuz versehen. Christliche Motive, wie z. B. die Lutherrose oder die Symbole der Klinikseelsorge oder für Kindergottesdienste werden auf Wunsch ebenfalls eingestickt. Aber auch Sonderwünsche können in der Regel umgesetzt werden. Um die Würde der Amtstracht zu wahren, wird auf farbige Motive verzichtet.
Richtige Länge des Beffchens
Lang oder kurz?
Nachdem Beffchen in Brusthöhe getragen werden und ein zu kurzes Beffchen für einen großen Träger nicht stimmig aussehen würde, richten sich die Länge der Beffchen nach der Größe des Trägers. Die Standardlängen „L“ (17 cm) für Träger von bis zu 180 cm, „N“ (16 cm) für Träger zwischen 170 bis 160 cm und „K“ (15 cm) für Träger unter 160 cm soll lediglich zur Orientierung dienen. Grundregel ist, dass es NICHT über den Absatz im Talar in Brusthöhe hinausragen soll.
Reinigung und Pflege
Die Beffchen können als Kochwäsche gewaschen werden, da aber alle Wäschefalten schwierig glatt zu bügeln sind, sollte man dringend auf das Schleudern verzichten und stattdessen das Beffchen abtropfen lassen, um es trocken zu bügeln. Für leichteres Bügeln wurde früher gestärkt... Eine Fleckenbehandlung schadet dem Material nicht.
Ein wichtiges Detail gibt es noch: Nach der ersten Wäsche geht ein Beffchen etwa 0,5 cm ein und durch die optischen Aufheller in Waschmitteln wird es mit der Zeit automatisch immer weicher und weißer.
P.S. Das Notbeffchen sind zwei Papiertaschentuch-Streifen, die einfach in den Kragen gesteckt werden, wenn man das richtige Beffchen vergessen hat...
Helen Hart, Praktikantin in der Diakonie Neuendettelsau, 13.10.2018
Quellen:
- Vgl. Klaus Raschzok in: Evangelisch betucht. Einführung in die Ausstellung mit Gottesdienstgewändern und Amtstracht, S. 7.
- Oliver Vorwald, Geistlicher Dresscode gilt nur im Gottesdienst, 06.05.2017 09:15 Uhr, www.ndr.de/kirche/Das-Kirchenlexikon-Beffchen,amtskleidung100.html, 09.10.2018.
- Maritta Tkalec, Was hat sie denn an? Stadtgeschichte, Berliner Zeitung Nr. 118, 22. Mai 2017.
- Kathrin Althans, An ihren Beffchen sollt ihr sie erkennen, evangelisch.de, Gemeinde und Pfarrer, www.evangelisch.de/inhalte/102216/29-10-2010/ihren-beffchen-sollt-ihr-sie-erkennen, 26.09.2018.
- Vgl. Hans Schäfer, Die Botschaft von der Rechtfertigung - Eine Einführung in ihr biblisch-reformatorisches Verständnis, VELKD (Hrsg.), www.velkd.de/publikationen/publikationen-gesamtkatalog.php, 05.10.2018.
- Vgl. Paul Metzger, Lutherisch, reformiert, uniert? Alles evangelisch!, evangelisch.de: mehr als du glaubst, 19.09.2013, www.evangelisch.de/inhalte/113460/19-092013/Lutherisch%2C%20reformiert%2C%20uniert%3F%20Alles%20evangelisch%21, 05.10.2018.
- Evangelisch-reformierte Kirche (2018): Huldreich Zwingli: Die Freiheit der Heiligen Schrift, reformiert.de, reformiert.de/huldreich-zwingli.html, 27.09.2018.
- Vgl. Martin Fischer Kirchenbedarf, Wissenswertes zu Beffchen, www.fischer-kirchenbedarf.de/Amtstrachten/Beffchen/Info-zu-Beffchen, 05.10.2018.
- Vgl. Wilhelm Löhe in: Vom Schmuck der heiligen Orte. kommentierte Neuauflage, EVA Leipzig 2008, S. 159