Krimi Laurentiuskirche Neuendettelsau
Was lange währt, wird gut
Ein Bericht der künstlerischen Leitung Beate Baberske
Am 12.12.2018, dem 2. Advent 2018,wurden die neuen Paramente vom Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm feierlich eingeweiht. Lesen Sie dazu die Pressemeldung hier.
Die Entstehungsgeschichte beginnt aber schon viel früher. Die erste Frage nach neuen Paramenten für die Wachstumszeiten wurde schon vor etwa zehn Jahren von der damalige Oberin Irmtraud Schrenk "unter Vorbehalt" gestellt. Seitdem habe ich mich bei jedem Kirchenbesuch mit dieser Frage beschäftigt und in Gedanken wieder und wieder Entwürfe gemacht. Und es war klar, dass es keine einfache Aufgabe ist, dem Raum aus mehreren Zeitepochen gerecht zu werden. Das neogotische Gewölbe im Altarraum hat mich immer angesprochen, die Bögen aufnehmen und ihnen antworten auf den Paramenten, das reizte mich - inzwischen habe ich es in vielen anderen Gemeinden schon umgesetzt, nur in der Kirche nebenan ist es bis 2013 zu keiner offiziellen Anfrage gekommen.
Das war aber nicht schlimm, es gab so viele spannende Projekte und zum 150. Jubiläum der Werkstatt 2008 stand die Veröffentlichung der kommentierten Auflage der Initiationsschrift der evangelischen Paramentik "Vom Schmuck der heiligen Orte" von Wilhelm Löhe im Vordergrund. Fünf Jahre später gab es ein erstes verbindliches Angebot für grüne Paramente an die Diakonissengemeinschaft und einen Beschluss. Aber keine neuen Paramente.
Das nächste Jubiläum näherte sich.
Andere Werkstätten initiieren zu solchen Anlässen einen Wettbewerb, zu dem Künstler eingeladen werden.
Diese Idee gefiel mir außerordentlich. Mit dem Auftrag für die Frauenkirche in Dresden haben wir erlebt, wie inspirierend eine solche Zusammenarbeit sein kann.
Ich habe diesen Vorschlag unterbreitet, den Kunstbeauftragten der Landeskirche, KR Helmut Braun, gebeten, mir für die Laurentiuskirche die Modalitäten und Unterlagen für eine Wettbewerbsausschreibung zukommen zu lassen. Es gab allerdings eine Bedingung, die an eine Wettbewerbsauslobung gekoppelt war: Wenn die Paramentenwerkstatt als Ausführende für die Entwürfe benannt wird, können nur externe Künstler zum Wettbewerb eingeladen werden, interne Künstler gelten als befangen, da ihnen ihr internes Wissen ja Vorteile verschaffen könnte. Als künstlerische Leitung würde ich keine eigenen Entwürfe einreichen können, sondern die Umsetzung der fremden Entwürfe verantworten. Da ich darin schon Erfahrung hatte, stellte dieser Umstand kein Problem für mich dar. Allerdings hatte das Entscheidungsgremium ein Problem damit.
Wir möchten keine Entwürfe von externen Künstlern.
Das war die gleichzeitig Aufforderung an mich. Aber da ich ja nicht allein Konzepte entwickle, war das gleichzeitig die Aufgabe an die Gemeinde von St. Laurentius, ein Gremium zu bilden, das dann die Paramente Schritt für Schritt entwickelt. Der Termin, wann die Paramente fertig sein sollen, steht als Erstes fest. Mit dem neuen Kirchenjahr sollen 2018 in der Laurentiuskirche auch neue Paramente kommen.
Der erste Termin war im Herbst 2017, ein Gremium aus sieben Gemeindemitgliedern, Rosalia Penzko und mir erarbeiteten im Laufe des nächsten Jahres Stück für Stück ein Konzept, dass die Orte ganz unterschiedlich akzentuiert.
Dieser Bericht gibt einen Einblick in den Prozess zu den weißen, roten und grünen Paramenten.
Es brauchte insgesamt drei Beratungen, bis die Idee, nicht nur die Farbe auf immer der gleichen Fläche wechseln zu lassen, sondern Farbe UND Form zu ändern und mit dem Verdecken und wieder Aufdecken der Elemente aus dem Raum zu arbeiten, dann auch konkrete Formen angenommen hatte.
Hier gibt es die Schilderung des Prozesses zu den violetten und schwarzen Paramenten.
Die Entwürfe wurden an Maria Lichtmeß 2018, dem 160. Geburtstag der Paramentenwerkstatt, einer Jury vorgestellt. Insgesamt gab es acht Vorschläge, über die entschieden werden musste. Zwischen einstimmiger Zustimmung und anschließendem Voting für unterschiedliche Breiten des Paramentes am Mensa-Altar war alles dabei. Prof. Dr. Raschzok ordnete die Entwürfe immer auf ihrem Bezug zur Tradition der Werkstatt ein und war ab und an das Zünglein an der Waage. Am Ende der Beratung waren nicht nur fünf Paramentensätze beschlossen, sondern sechs.
Die Entwürfe für weiße Paramente waren so unterschiedlich, dass es keine Mehrheit für eine Variante gab. Schließlich kristallisierte sich heraus, dass der eine Entwurf die Weihnachtszeit wunderbar akzentuiert - am Hauptaltar konnten Engelsfiguren und das Jesuskind assoziiert werden - die anderen Orte enthalten Bezüge zum Alten Testament. Überall ist der lebendige Geist zu spüren und der Advent hinterlässt noch letzte violette Spuren.
Der zweite Entwurf zeichnete sich durch schlichte Eleganz aus. Goldene Linien korrespondieren mit dem Schwung des Kirchengewölbes und zeichnen abstrakt in der Gegenbewegung eine Stadt, das österliche Licht oder Christus im Strahlenkranz. Die Vorstellung, zu Ostern die schlichte Eleganz zu erleben und an Weihnachten den lebendigen Geist spüren zu können, war zu verlockend. Das Machtwort sprach Rektor Dr. Mathias Hartmann:
Dann nehmen wir einfach beide Entwürfe.
Im Sommer wurden die Entwürfe digital bearbeitet, auf die Originalgröße gebracht und erste Grundstoffe für die weißen und grünen Paramente bedruckt. Die Stickmaschine arbeitet auf Hochtouren. Das Gold soll im Licht glänzen und schimmern. Das kann nur eine Stickerei. Rosalia Penzko führt die Maschine per Hand auf dem Druckstoff. Die Kunst besteht darin, das richtige Garn zu finden und nicht zu viel oder zu wenig hinzuzufügen. Das Jesuskind in der Krippe soll ja noch zu finden sein.
Für die violetten Paramente wird im November 2018 der Webstuhl eingerichtet. Eine Berichterstattung dazu gibt es hier.
Am Karfreitag leuchten die Quadrate weiter - als Hoffnungsschimmer an diesem trostlosen Tag. Jetzt allerdings schimmern sie durch schwarze Fäden hindurch und bilden ein Tor am Altar und zwei Kreuze an Pult und Kanzel. Zusammen mit dem Kreuz des Raumes wird Golgatha zitiert.